Es war auf eine tragische Weise komisch! Ein letzter Streich seines Gegners, und er würde zu Rondra gehen. Ein letzter Streich und sein bis dato ruhmreiches Leben würde auf schmähliche Weise beendet werden. Die orakelhaften Runen kamen ihm wieder in den Sinn... So lange hatte er nicht an sie gedacht. Und plötzlich wurde ihm alles klar!
Ein heiseres Lachen entrann sich seiner Kehle, als sich die Klinge in seinen Hals bohrte...
Man hätte wohl sagen können, daß Caerfen ein Draufgänger war, zumindest wenn man höflich bleiben wollte.
Gemeinhin galt er aber als Tagedieb und Streuner. Kein Rock entkam ihm und keine Geldkatze war vor ihm sicher. Wenigstens wollte er, das dies alle glaubten.
Er war einer von vielen, die in Perricum um ein besseres Leben kämpften. Nicht selten ging es dabei um das Leben an sich, und wahrscheinlich wäre er irgendwann tot in den Straßen seiner Stadt gefunden worden, ohne jemals besonderes aufgefallen zu sein...
Hätte sich da nicht eines Tages dieser reiche Edelmann in die dunklen Gassen verirrt, und wäre Caerfen nicht auf diese ihm eigene Weise hilfsbereit gewesen.
'Ein sauberer Stoß mit dem Rapier befreit von allen Sorgen.' ,waren die letzten Laute die des reichen Mannes Ohr beschallten...
Wie es die Zwölfe so wollten, fand sich neben allerlei Tand und einer guten Menge Dukaten noch ein besonderes Stück in der Habe des Mannes: ein Tuzakmesser mit schmuckvoll eingravierten Runen.
Ein Tuzakmesser mit besonderen Qualitäten, wie Caerfen wohl bemerken mußte, als er die Klinge an sich nahm.
Sie war leicht wie eine Feder! Fast so leicht wie die Luft alsselbst! Er ließ den magischen 'Tuzaker' einige Male durch die Luft kreisen. Mit dieser Schneide konnte er schneller reagieren als mit jedem anderem Schwert, das er jemals gehalten hatte. Was für eine Beute!
Gut, daß er dem Mann keine Gelegenheit gegeben hatte, seine Waffe zu gebrauchen.
Fortan besserte sich Caerfens Leben in einer Weise, die er nie für möglich gehalten hatte.
Sicher, er war nie ein schlechter Fechter gewesen, aber mit Schwertern hatte er sich immer auf dem Koboldsfuß befunden.
So war das denn auch der Grund dafür gewesen, daß er sich nie mit seinem Rapier stärker Bewaffneten gegenüberstellte, außer er sah eine Möglichkeit sie zu überrumpeln.
Mit seiner 'Beute' würde es ihm nunmehr möglich sein, sich auch mehreren Gegnern zu stellen. Die Klinge hatte die angenehme Eigenschaft, jeden auch noch so stark ausgeführten Schlag mit Leichtigkeit abzufangen. Caerfen mußte keine eigene Kraft mehr gegen die Schläge aufbringen.
Auch mußte er für eigene Streiche kaum mehr seine Stärke hineinlegen. Es schien fast so, als wenn die Klinge immer wußte, mit welcher Kraft ein Schlag den Gegner treffen mußte.
Seltsame Zeichen befanden sich auf dem Schwert...
Caerfen wollte die Bedeutung dieser Zeichen wissen, denn man konnte sich nie sicher sein, womit einen die Magie sonst überraschte. Er übertrug die Zeichen auf ein Pergament, um sie von einem Magus inspizieren zu lassen. Das Schwert wollte er auf keinen Fall in die Hände Fremder geben, dafür hatte er zu lange in den Straßen gelebt.
'Des Klingen Nam und Sinn sei AGRAVITA - Doch hüte dich!' , war das Ergebnis seines kostspieligen Auftrags.
Eine wörtliche Übersetzung! Interpretation hätte mehr gekostet, und das schien Caerfen angesichts dieser kurzen Zeile unnötig.
Der letzte Teil der Inschrift stimmte nachdenklich, doch er beschloß diesen zu ignorieren. Denn eins war klar: dieses Schwert war das Beste, was das Leben Caerfen bisher bereitet hatte. Dessen war er sich sicher! Warum sich vor einem Schwert fürchten, daß einem Reichtum und Ruhm verheißt?
Die kommenden Jahre gestalteten sich wahrlich gut für den Streuner Caerfen.
Sein Name war alsbald ein Begriff in ganz Perricum. Er konnte es sich leisten in einer Herberge zu leben, und auch mal eine ganze Nacht in einem schmucken Bordell zu verbringen. Es kam gar vor, daß er sich mit einer ganzen Schar von Frauen vergnügte...
Es dauerte nicht sehr lange bis Caerfen die warnenden Worte aus seinem Gedächtnis gestrichen hatte.
| Die Jahre verstrichen, und Caerfen wurde ein im ganzen Land bekannter Schwertkämpfer. Er verdiente sein Geld nun hauptsächlich mit Turnierkämpfen.
Dort gab es für ihn immer eine Gelegenheit seinen Ruhm zu mehren. Eine Sache, die ihm mittlerweile sehr wichtig geworden war. Die berüchtigten und verbotenen 'Boronskämpfe' waren die beste Möglichkeit für ihn, dieses Ziel zu erreichen. Denn hier maßen sich nur die Besten. Die weniger guten, traten hier nur einmal an...
Je mehr Kämpfe Caerfen bestand, desto selbstsicherer wurde er. Und so kam irgendwann der Punkt, an dem er sich für unschlagbar hielt...
Er war schon lange nicht mehr in seiner Heimatstadt gewesen, und so freute er sich, daß sein nächster Kampf in Perricum stattfinden würde. Der Ort des Geschehens wurde meist bis kurz vor Beginn geheimgehalten, denn man wollte keine Unterbrechung der Stadtbüttel riskieren.
Diesmal sollte der geräumige Hinterhof eines Gasthauses Austragungsstätte sein. Caerfen war als nächstes an der Reihe, doch er fühlte keine große Aufregung.
Mit halber Aufmerksamkeit registrierte er, wie einer der just Kämpfenden gerade den anderen von seinem Kopf befreite. Sein Hauptaugenmerk galt allerdings dem Frauenvolk das anwesend war. Je mehr Frauen den Kampf bestaunen würden, desto schneller würde sich sein Ruhm vergrößern.... Eine Tatsache, die, als er sie entdeckt hatte, weidlich von ihm ausgenutzt wurde.
Caerfen betrat den halbherzig mit Brettern abgezäunten Ring als sein Name genannt wurde.
Mehr als den Namen wußte er nicht von seinem Gegner. Weitergehende Erkundigungen beschaffte er sich schon lange nicht mehr...
Er wollte gerade eben sein Schwert aus der Scheide befreien, als er die Worte 'Wählt eure Waffen' vernahm. Stutzig geworden drehte er sich zum Sprecher, der halb die Sicht auf einen Markttisch verbarg, auf dem sich einige schartig aussehende Waffen befanden. Richtig! Er hatte die Formalitäten des Kampfes nur gleichgültig an sich vorüberrauschen lassen...
Irgendwann war die Rede davon gewesen, daß sich jeder Kämpfer eine Waffe aus dem Bestand der Austräger nehmen müßte.
Ein ungewöhnlicher Umstand, der ihm bisher noch nie begegnet war. Doch war das Ganze verständlich, den die Waffen der Sieger sollten im Nachhinein verkauft werden. Natürlich zu Preisen die dem Sieg Rechnung tragen würden...
Dies, und die Wetten die bei jedem Kampf geschlossen wurden, garantierten einen guten Gewinn für die Austräger. Trotz der hohen Preisgelder für die Gewinner der Kämpfe.
Caerfen ging zu dem Tisch hinüber und musterte bei dieser Gelegenheit zum erstenmal seinen Gegner. Ein Thorwaler namens Jörnrig, gut einen halben Schritt größer als Caerfen und doppelt so breit. Dazu einen passenden blonden Bart der zu zwei kleinen Zöpfen geflochten seine grimmigen Mundwinkel noch weiter nach unten zog. Der Seemann wählte nach einigem Zögern ein Schwert zum Kampf.
Caerfen konnte sich ein spöttisches Grinsen nicht verkneifen, wußte er doch, daß die meisten
Thorwaler besser im Umgang mit Beilen sind. Doch weder Beile noch Äxte ließen
sich auf dem Tisch finden...
Es schien, als hätte da jemand Einflußreiches auf Caerfen gesetzt.
Ein Tuzaker ließ sich auf dem Tisch finden, und er entschied sich für ihn. Selbstsicher schlossen sich seine Finger um den Griff. Der Tuzaker war schwerer als sein eigener...... um vieles schwerer sogar! Er zog die Klinge langsam vom Tisch und die Spitze knallte ihm auf den sandigen Boden...
Er hörte das Gelächter kaum, daß um ihn herum aufwallte....Der Schreck durchfuhr ihn kalt gleich Firuns Hand. Wie sollte es ihm möglich sein mit so einem Schwert zu kämpfen?
Doch der Kampf hatte bereits begonnen! Tapfer stellte er sich seinem Gegner, denn keine Schande war größer als vor dem Kampf zu fliehen. Er versuchte nur einmal einen direkten Schlag des Thorwalers mit dem Schwert abzufangen. Danach verlegte er sich darauf den wuchtigen Hieben auszuweichen. Der Ring erschien ihm auf einmal sehr klein. Es gab keine Möglichkeit einen sicheren Abstand vom Gegner aufrechtzuerhalten. Als er die ersten größeren Verletzungen davongetragen hatte, wurde ihm sein Ruhm gleichgültig. Was nützte der Ruhm ohne das Leben?
Der Kampf war unausgewogen. Ein Säbelzahntiger, der ein Rotpüschel jagt. Es dauerte nicht sehr lange bis Caerfen zu Füßen seines Gegners lag und den letzten Schlag erwartete....
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